„Kostenlose Wochenzeitungen sind demokratische Stabilisatoren auf lokaler Ebene“
Die Herausforderungen bei den Themen Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz bleiben aktuell wichtige Themen der Medienbranche. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der Frühjahrstagung des BVDA, die am 3. und 4. April in Berlin stattfand.

Vor rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Verlagen, Politik, Wirtschaft und Verbänden betonte der Vorstandsvorsitzende des BVDA, Alexander Lenders, den bleibenden hohen Wert lokaler Redaktionen und journalistischer Arbeit bei wachsenden Herausforderungen. So prognostizierte er, dass lokale Medien auch künftig über einen hohen Stellenwert bei den Menschen verfügen werden. In einer Welt, die immer komplexer werde, stelle das Lokale schließlich einen eigenen Wert da; einen Wert, der den Menschen Heimat, Zuversicht und Vertrauen vermittele.
Die Erste Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Sabine Verheyen, adressierte in ihrer Keynote die aktuellen Herausforderungen und Chancen für die Medienlandschaft in Europa – diese würden auch durch zentrale europäische Gesetzesvorhaben geprägt wie den European Media Freedom Act (EMFA) und die EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung (EUDR).
Außerdem beleuchtete Verheyen den Einfluss Künstlicher Intelligenz und die Notwendigkeit fairer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Der Bedeutung lokaler und kostenloser Wochenzeitungen für Meinungsvielfalt und demokratische Teilhabe widmete Verheyen einen Schwerpunkt ihrer Rede: „Kostenlose Wochenzeitungen sind mehr als nur Träger von Werbung und Veranstaltungshinweisen. Sie sind mit ihren redaktionellen Inhalten ein elementarer Bestandteil der demokratischen Infrastruktur“, sagte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments. Sie würden über viele Themen und auch Missstände im Nahbereich berichten, wo andere Medien nicht mehr so genau hinschauen würden. Dies schaffe Vertrauen. In diesem Sinne seien kostenlose Wochenzeitungen auch demokratische Stabilisatoren auf lokaler Ebene.
Nachhaltigkeit war ein weiteres Agendathema der BVDA-Tagung. Wie sich die Transformation der Papierindustrie in diesem Kontext aktuell entwickelt, beleuchtete Dr. Peter Balle, Manager Sustainability bei UPM Communication Papers. Sein Einblick in die Nachhaltigkeitsstrategie von UPM vermittelte, wie sich das Unternehmen als Hersteller grafischer Papiere in den Bereichen Energie, CO2-Emissionen und Kreislaufwirtschaft engagiert. Dabei sei eines der zentralen Ziele, zur Abmilderung des Klimawandels beizutragen. In der Diskussion mit den Tagungsteilnehmern ging Dr. Balle vor allem auf das aktuelle Thema EUDR und seine Bedeutung für die Branche ein.
Karri Kannala, Regional Director und Editor-in-Chief bei der Mediagroup Keskisuomalainen, betrachtete in seinem Vortrag die Herausforderungen der finnischen kostenlosen Wochenzeitungen im Medienwandel. Dabei legte er einen Schwerpunkt auf den Stand der digitalen Transformation und wie die Zukunft der kostenlosen Wochenzeitungen in Finnland aussieht. Des Weiteren stellte er innovative Ansätze aus der Vermarktung vor, bewertete wie diese bei den Anzeigenkunden performten und bildete vom Verlag getestete Vertriebslösungen ab.
Das Schwerpunktthema „Künstliche Intelligenz“ dominierte die zweite Veranstaltungshälfte. Dr. Paul Elvers, Head of AI bei der FUNKE Mediengruppe, beleuchtete die tiefgreifende Transformation der Medienbranche, die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz vorangetrieben wird. Dabei zeigte er auf, wie Automatisierung sowohl klassische Printprozesse als auch digitale Formate nachhaltig verändere. Besonderes Potenzial sieht Dr. Elvers in effizienteren Produktionsabläufen und der Möglichkeit, Inhalte zunehmend personalisiert bereitzustellen. Zugleich mahnte er zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Technologie – insbesondere im Hinblick auf ethische Fragen wie den Schutz der Privatsphäre und die Bekämpfung von Desinformation. Wichtig sei für Unternehmen vor allem ein klarer Kompass, wie mit KI umgegangen und wie sie eingesetzt werde, betonte Dr. Elvers. Dazu zähle beispielsweise der Grundsatz, dass der journalistische Anspruch stets Vorrang vor bloßer Effizienz haben müsse.
Konkrete Anwendungsfälle Künstlicher Intelligenz im Verlagsalltag stellte Stephanie von Unruh, Geschäftsführerin bei der Nordwest Mediengruppe, vor. Sie veranschaulichte, wie das Medienhaus das Thema KI erfolgreich in seinen Transformationsprozess integriert und wie dieser Wandel aktiv von der Belegschaft mitgestaltet wird. Von Unruh betonte die Rolle der Führungskräfte als Impulsgeber sowie die Bedeutung der kontinuierlichen Vermittlung von Know-how und Integration spezieller KI-Tools in den Arbeitsalltag der Teams.
Mit KI-Botschaftern, Master Classes und einem Advisory Board gelang es, KI als ein prioritäres Thema der Unternehmensgruppe zu etablieren. Mit diesem partizipativen Ansatz profitieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Unternehmensbereiche von den Potenzialen der KI. Die Unternehmensführung sieht es dabei als zentrale Aufgabe, auch rechtliche und ethische Fragestellungen kontinuierlich zu monitoren.
Neben der Frage, wie Künstliche Intelligenz in die Arbeitswelt der Medienhäuser integriert werden kann, stehen regionale Verlage auch vor der Herausforderung, sich digital zu transformieren – und dies möglichst bei laufendem und möglichst stabilem Printgeschäft. Wo setzt eine integrierte Online-Strategie an? Wie erreichen die Redaktionen mit lokalem Journalismus neue und jüngere Zielgruppen im Internet? Und wie entwickeln Medien daraus ein tragfähiges Geschäftsmodell? Antworten auf diese Fragen gab Oliver Haustein-Teßmer, Chief Transformation Officer bei der Neuen Pressegesellschaft. Sein Vortrag zeigte auf, wie Journalistinnen und Journalisten datenorientiert, standardisiert und publikumszentriert arbeiten und damit wesentlich zum digitalen Erfolg beitragen können. Anschauliche Beispiele aus der Praxis der Branche ergänzten seinen Impuls und regten zur Diskussion unter den Tagungsgästen an.