Anzeigenblattbranche blickt trotz vielfältiger Herausforderungen positiv in die Zukunft
Neue Leserakzeptanzstudie beleuchtet Perspektiven für Prospektwerbung
Fast 70 Prozent der deutschen Bevölkerung sind gegenüber Prospekten im eigenen Briefkasten positiv oder neutral eingestellt. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der neuen Leserakzeptanzstudie, die Dr. Johannes Schneller vom Institut für Demoskopie Allensbach heute beim Anzeigenblattforum in Berlin vorstellte. Das jüngste Mitglied der BVDA-Studienfamilie beleuchtet die Akzeptanz von Prospektbeilagen im Anzeigenblatt, wie sie genutzt werden und was sie für die Orientierung in der lokalen Konsumwelt bedeuten.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis: Bei den Menschen ist der Wunsch stark ausgeprägt, sich regelmäßig über Einkaufstipps und Sonderangebote zu informieren: Fast zwei Drittel der Bevölkerung tun dies mindestens einmal pro Woche oder öfter. Drei Viertel der Bevölkerung schätzen dabei das Anzeigenblatt oder Prospekte als Informationsmedium, die damit den Spitzenplatz belegen.
BVDA-Präsident Alexander Lenders zog ein positives Fazit der Studie. Das Anzeigenblattforum stehe in diesem Jahr unter dem Thema „Zukunftsperspektiven Anzeigenblatt“ und in diesem Sinne sei die Leserakzeptanzstudie ein echter Mutmacher für die Zukunft, auch wenn Herausforderungen bestünden: „Die bei jungen Menschen geringer ausgeprägte Akzeptanz von Prospektwerbung ist eine Aufgabe, die uns über den heutigen Tag hinaus beschäftigen wird. Außerdem müssen wir die Teile der Bevölkerung überzeugen, die der Prospektwerbung unter Umweltaspekten eher kritisch gegenüberstehen“, appellierte der BVDA-Präsident. Hier habe der BVDA bereits seit längerem die Initiative ergriffen, beispielsweise durch die zahlreichen Projekte im Arbeitskreis Nachhaltigkeit oder durch Kooperationen wie mit dem WWF.
Internationale Trends in der digitalen Werbung beleuchtete Nick Tjaardstra, Leiter Europe / Africa & Global Advisory bei der WAN-IFRA. Dabei ging der internationale Medienexperte vor allem der Frage nach, wie die Anzeigenblätter zu bisher anonymen Nutzern eine loyale Kundenbeziehung aufbauen können und welche Chancen es gibt, diese auch zu monetarisieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei, ein persönliches Erlebnis zu schaffen. Denn in den letzten Jahren hätte sich die Medienbranche zu sehr auf ausschließlich technische und rechtliche Aspekte digitaler Werbung konzentriert.
Eine harte Währung sei heute Vertrauen. Dies sei eine Grundlage dafür, um Nutzer von einer Registrierung zu überzeugen und damit redaktionelle und werbliche Inhalte auch personalisiert aussteuern zu können. Ein Beispiel sei Amedia in Norwegen, wo 76 Prozent der Page Views von eingeloggten Nutzern generiert würden. Dies habe zu einer Umsatzsteigerung von 40 Prozent geführt. Weitere Trends seien Infeed-Anzeigen, Interaktivität und Engagement oder Anwendungen von Augmented Reality.
BVDA-Geschäftsführer Dr. Jörg Eggers identifizierte viele gemeinsame Herausforderungen, die auch die anderen im Haus der Presse vertretenen Mediengattungen beschäftigen. Im Gegenzug böten die Analysen der WAN-IFRA viele wichtige Impulse für die Anzeigenblattbranche. „Dies zeigt, wie wichtig der Dialog und die Kooperation der Verlegerverbände untereinander ist“, betonte Eggers.
Der langjährige CEO der Bertelsmann Music Group, Thomas M. Stein, erläuterte, wie es der Musikwirtschaft gelungen ist, die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen. Seiner Analyse folgten entsprechende Ableitungen, die sich auf den Wandel in anderen Branchen, wie zum Beispiel Wochenblätter, in Teilen übertragen lassen. Stein verwies darauf, dass die gewachsene Unternehmenskultur bei tiefgreifenden Changeprozessen ein fundamentaler Faktor sei. Schließlich sei es schwierig, gegen die Gewohnheiten der Mitarbeiter Veränderungen zügig und effektiv umzusetzen. Eine weitere Ableitung sei, die Ressourcen nicht nur auf die juristische Verteidigung der Besitzstände zu lenken, sondern aktiv neue Chancen zu ergreifen. Dazu sei es wesentlich, dass Kundeninteresse noch stärker in den Fokus zu rücken.
Der ehemalige Musikmanager forderte die rund 230 Tagungsgäste außerdem dazu auf, über den Horizont des eigenen Geschäftsmodells hinauszudenken und zu prüfen, welche neuen unternehmerischen Beteiligungen abseits des eigenen Produktes Sinn ergäben. „Caruso ist nicht mit dem Verkauf von Schallplatten, sondern seiner Beteiligung an Schallplattenspielern vermögend geworden“, betonte Stein. Der Mut für Veränderungen werde allerdings nur belohnt, wenn es gelinge, im Vorfeld eine Fehlerkultur zu implementieren. Entscheidend sei, einmal mehr als 50 Prozent richtig zu liegen.
Michael Simon, BVDA-Vizepräsident und Leiter des Arbeitskreises Redaktion, wertete in seinem Abschlussvortrag die im letzten Jahr aufgesetzte Zukunftsarena des Verbandes als großen und wichtigen Schritt. Neben Impulsen, Veränderungsprozessen und Ideen für neue Geschäftsmodelle stelle jedoch vor allem das Kerngeschäft weiterhin ein starkes Fundament dar. Vor allem die redaktionelle Kompetenz sei eminent für den heutigen Erfolg der kostenlosen Wochenblätter. Daher appellierte Simon, auch in herausfordernden Zeiten auf die Stärken von Redaktion und Vertrieb zu setzen. Die verlagsübergreifende redaktionelle Aktion „Das geht uns alle an!“ und langjährige Medienpartnerschaften wie mit der „Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ belegen die Relevanz der Wochenblätter, die jede Woche aufs Neue unter Beweis gestellt wird.
BVDA-Geschäftsführer Dr. Jörg Eggers betonte in seinem Fazit die wichtigen Impulse der Zukunftsarena für die Branche: „Der BVDA hat dieses Dialog-, Workshop- und Analyseformat initiiert, um seine Verbandsmitglieder bei der strategischen Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle zu unterstützen. Dies ist hervorragend gelungen.“ Die Experten und Praktiker aus den Verlagen hätten ein ausgezeichnetes Fundament gelegt, um das Kerngeschäft zu stärken und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. In diesem Zusammenhang zeigte sich Eggers überzeugt, dass die weiteren Veranstaltungen unter dem Dach der Zukunftsarena Früchte tragen werden.
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