Kostenlose Wochenzeitungen setzen KI und Nachhaltigkeit auf ihre Agenda
Anlässlich der Frühjahrstagung des BVDA kamen rund 200 Teilnehmende aus Verlagen, Politik, Wirtschaft und Verbänden in Berlin zusammen. Am 18. und 19. April befassten sie sich in Vorträgen und Diskussionsformaten mit Chancen und Herausforderungen von KI und Nachhaltigkeit für kostenlose Wochenzeitungen und die Gesellschaft.
Auf seiner diesjährigen Frühjahrstagung widmete sich der BVDA als Spitzenorganisation der kostenlosen Wochenzeitungen der Frage, wie technologischer Fortschritt und neue Anforderungen an Nachhaltigkeit die tägliche Arbeit von Verlagen zukünftig beeinflussen werden. BVDA-Präsident Alexander Lenders mahnte die Teilnehmenden zur Eröffnung der Tagung zu Mut und Selbstvertrauen: „Mit der hohen Reichweite kostenloser Wochenzeitungen geht auch eine gesellschaftliche Aufgabe einher. Wir haben den Leserinnen und Lesern gegenüber Verantwortung. Die Verantwortung, sie mit einem möglichst breiten Spektrum an Inhalten informiert zu halten. Nur wer informiert ist, kann mitreden, sich einbringen und Demokratiefeindlichkeit die Stirn bieten.“
Trotz aller Herausforderungen und Einschnitte der vergangenen Jahre komme es laut Lenders für die Branche insbesondere darauf an, Qualität zu sichern und Vertrauen zu schaffen. Der BVDA-Präsident rief die anwesenden Verlagsmanagerinnen und -manager zum Zusammenhalt und zur Bereitschaft für Weiterentwicklung auf.
„Mal ehrlich: Wie viel Zeit verbringen Redakteure damit, Pressemitteilungen auf Zeile zu bringen und wieviel, um mit Menschen über spannende Geschichten zu sprechen?“, fragte KI-Expertin Christina D’Ilio die Teilnehmenden zu Beginn ihres Vortrags. In einer Live-Demo zeigte sie konkrete Anwendungsfälle für Redaktion und Vermarktung auf. Schlussendlich ist sie sich sicher: „Mit künstlicher Intelligenz können wir jetzt endlich lästige Routinetätigkeiten (teil-)automatisieren und uns auf das konzentrieren, was wirklich zählt.“ Im Anschluss arbeitete Rechtsanwalt Dr. Malte Baumannn in einem Impuls rechtliche Herausforderungen beim Einsatz Künstlicher Intelligenz im Journalismus heraus und widmete sich umfassend den Fragen des Publikums. Andreas Müller, BVDA-Vizepräsident und Geschäftsführer vom Medienhaus Aachen, teilte mit den Anwesenden spannende Insights und wertvolle Erfahrungen aus den vielfältigen Projekten zum Einsatz von KI im Verlag. Seinen Erfahrungen zufolge biete KI zahlreiche Potenziale zur Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung.
Dass KI nicht nur Leben und Arbeit beeinflusst, sondern auch Einfluss auf die Gesellschaft und die Demokratie nimmt, zeigte eine Podiumsdiskussion unter Moderation von Lena Peltzer. Die Pressesprecherin des BVDA diskutierte mit dem kultur- und medienpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Helge Lindh, KI- und Datenexpertin Mina Saidze, Tobias Farnung von der Mediengruppe Parzeller und der stellvertretenden Leiterin von CORRECTIV.Faktencheck, Sophie Timmermann, die Frage, ob KI angesichts des Superwahljahres eine Gefahr für die Demokratie darstelle. Saidze, Gründerin von „Inclusive Tech“ konstatierte: „Bei Technologie geht es nicht nur um Zahlen, Code und Profit, sondern auch gesellschaftliche Teilhabe und digitale Zugänglichkeit.“ Einig waren sich die Expertinnen und Experten in dem Fakt, dass KI viele Chancen biete, die Arbeit von ausgebildeten Journalistinnen und Journalisten jedoch nicht ersetzen könne. Im Gegenteil, die Arbeit von Redaktionen werde durch die Weiterentwicklung von KI an Relevanz gewinnen, um Faktensicherheit zu gewährleisten.
Dr. Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), widmete sich in seinem Vortrag einem anderen Megathema dieser Zeit: Nachhaltigkeit. Nicht nur die Anforderungen von Gesellschaft und Gesetzgeber an die Nachhaltigkeit von Medien steigen. Der Zusammenschluss von Agenturen und die Aufstellung von Bewertungskriterien von sogenannten „Green Media“ erfordern von Verlagen neue Wege in der Vermarktung. „Was man nicht misst, kann man nicht verringern, kompensieren oder vermeiden“, resümierte Nauen. Kostenlose Wochenzeitungen seien auf diesem Gebiet bereits weiter als andere Branchen.