BVDA-Präsident Alexander Lenders: “Wir sind die gute und lokale Stimme, die nicht verstummen darf!”
Frühjahrstagung befasste sich mit aktuellen politischen Themen und Fragen rund um Relevanz, Digital-Trends und Entwicklungstendenzen in Gesellschaft, Politik und Medien.
Am 20. und 21. April kamen rund 180 Teilnehmende aus Anzeigenblattverlagen, Politik und Wirtschaft in Berlin zur BVDA-Frühjahrstagung zusammen. Neben aktuellen politischen Themen befasste sich das größte Treffen der Anzeigenblattbranche mit Fragen rund um Relevanz, Digital-Trends und Entwicklungstendenzen in Gesellschaft, Politik und Medien.
Steigende Kosten für Papier, Energie und Zustellung, Ressourcenknappheit und die anhaltende Nachhaltigkeitsdebatte – mit diesen und weiteren Themen befassten sich die Teilnehmenden der Frühjahrstagung des Bundesverbandes Deutscher Anzeigenblätter e. V. (BVDA). Gemäß dem diesjährigen Motto “Zwischen Tradition und Transformation” zeichnete BVDA-Präsident Alexander Lenders zur Eröffnung der Tagung ein Zielbild für die Mediengattung Anzeigenblatt: “Aus meiner Sicht kommt es für eine gelungene Transformation darauf an, bei aller Weiterentwicklung unseren Branchenkern nicht zu verlieren. Die zentralste aller Fragen lautet für mich daher zuallererst: Wofür stehen wir als kostenlose Wochenzeitungen und wofür wollen wir auch in Zukunft stehen?”.
Aus Sicht des BVDA-Präsidenten stelle der Mix aus redaktionellen Inhalten, der ungeschlagen hohen Reichweite und der durch die kostenlose Zustellung erzeugten Push-Wirkung den USP kostenloser Wochenzeitungen dar, den es zu erhalten gelte. Gerade vor dem Hintergrund steigender Kosten böten kostenlose Wochenzeitungen durch die Verzahnung von lokaljournalistischen Informationen und Angebotskommunikation für Konsumentinnen und Konsumenten wie für werbende Unternehmen ein höchst relevantes Medium. Lenders appellierte daher erneut an die Bundesregierung, ihr Vorhaben einer Presseförderung in die Tat umzusetzen. “Die Hinhaltetaktik des Bundeswirtschaftsministers in dieser Sache ist schlicht verantwortungslos. Mit jedem Tag, der vergeht, ist die Medienvielfalt in Deutschland mehr und mehr gefährdet”, so Lenders. Dabei erbrächten insbesondere kostenlose Wochenzeitungen eine wichtige Leistung für die Gesellschaft, da sie Informationen und Angebote aus dem Nahbereich kostenlos in die Haushalte brächten und dadurch Teilhabe für alle ermöglichten. “Wir sind die gute und lokale Stimme, die nicht verstummen darf”, konstatierte Lenders.
Auch aktuelle digitale Trends und ihre Chancen für das Geschäftsmodell der kostenlosen Wochenzeitungen standen im Fokus der Tagung. Welchen Einfluss ChatGPT auf das Leben im Allgemeinen und die Arbeit von Redakteurinnen und Redakteuren im Speziellen haben wird, zeigte Dr. Tina Klüwer vom Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum in ihrer Keynote zum Thema “ChatGPT – Bereicherung oder Bedrohung?”. Aus Sicht der KI-Expertin könne künstliche Intelligenz im Journalismus als Unterstützung in der Recherche dienen, jedoch drohe gleichermaßen ein Qualitätsverlust, weshalb alles, was von Hand gefertigt wird, weiter an Bedeutung gewinnen und als Qualitätsmerkmal herausgestellt würde.
Daran anknüpfend erörterte BVDA-Vizepräsident Michael Simon mit Mika Beuster, stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, Caroline Lindekamp, Leiterin des Projekts “noFake” bei Correctiv, und Roman Portack, Geschäftsführer des Deutschen Presserats, die Frage, wie Lokaljournalismus in Zeiten von Nachrichtenmüdigkeit und Fake News relevant bleibt. Einig waren sich die Expertin und Experten darin, dass Qualitätsjournalismus einen wichtigen Beitrag zur Demokratie in Deutschland leiste, der nun auch von der Politik mit einer entsprechenden Förderung gewürdigt und erhalten werden müsse.
Thorsten Thierhoff, Geschäftsführer der forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen, widmete sich in seinem Vortrag aktuellen Entwicklungstendenzen in Gesellschaft, Politik und Medien. Neben Vertrauensverlusten in die Politik beobachtet Thierhoff auch einen ähnlichen Trend in Bezug auf die Medien. Nichtsdestotrotz bilden kostenlose Wochenzeitungen nach aktuellen forsa-Ergebnissen mit 55 Prozent eine wichtige Informationsquelle noch vor den Sozialen Medien und offiziellen Informationen der Stadt.
Wie relevant der gedruckte Prospekt trotz jüngster Schlagzeilen nach wie vor ist, legte Andreas Riekötter von der IFH MEDIA ANALYTICS in seiner Präsentation der Ergebnisse des Prospektmonitors 2023 dar. Demzufolge haben kostenlose Wochenzeitungen und Prospekte weiterhin eine deutlich höhere Nutzungsfrequenz als digitale Informationsmöglichkeiten. Vor dem Hintergrund der aktuellen Inflation steige das Informationsbedürfnis über Sonderangebote in Prospektwerbung zusätzlich. Der Prospektmonitor habe zudem gezeigt, dass sich vorherrschende Vorurteile in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Handzettels durch Aufklärung drastisch reduzieren lassen. Riekötter appellierte an die Teilnehmenden, sich im Kampf gegen den Abgesang des Prospekts und die Verbreitung von Mythen einzusetzen.
Der anhaltende Krisenmodus, Personalmangel und steigender Leistungsdruck können Gefühle von Erschöpfung und Überforderung hervorrufen. In ihrem Vortrag zeigte Dr. Mirriam Prieß auf, dass der Schlüssel zur Stärkung der eigenen Resilienz in der Auseinandersetzung mit der Beziehung zu sich selbst und zur eigenen Umwelt liegt. Dabei komme es insbesondere auf die Balance aus den eigenen Bedürfnissen und denen des Gegenübers sowie auf die Frage an, was es für ein gelungenes Miteinander brauche.
Bilder von der BVDA-Frühjahrstagung finden Sie hier.